[Bücher] „Auf der richtigen Seiten“ von William Sutcliffe

978-3-499-21231-4Klappentext:

Joshua lebt mit seiner Mutter und seinem Stiefvater in Amarias, einer künstlich errichteten Siedlung, an deren Rand eine schwerbewachte Mauer verläuft. Joshua hat gelernt, dass hinter der Mauer der Feind lebt, der Tag für Tag darauf lauert, die Siedler zu töten. Und dass die Mauer ihn und sein Volk beschützt.
Doch eines Tages findet Joshua einen Tunnel, der unter der Mauer hindurchführt. Er weiß, dass er so schnell keine Gelegenheit mehr bekommen wird, einen Blick auf die andere Seite zu werfen. Die Versuchung ist zu groß. Und von dem Moment an, als Joshua seinen Kopf aus dem Tunnel streckt, ist sein Leben nicht mehr so, wie es vorher war. (Quelle)

Meine Meinung:

Joshua ist schon lange unglücklich in Amarias, der künstlichen Siedlung, in der er seit dem Tod seines Vaters gemeinsam mit seiner Mutter und seinem hasserfüllten Stiefvater leben muss: Mit den Jungen aus seiner Schule kommt er nicht gut zurecht, mit seinem Stiefvater gerät er ständig aneinander und die Stadt an sich wirkt so wenig lebendig. Auf seiner Seite der Mauer patroullieren ständig Soldaten und was auf der anderen Seite ist, weiß er gar nicht so genau.
Als er eines Tages durch Zufall einen Tunnel entdeckt, der unter der Mauer durchführt, zögert Joshua nur kurz – und klettert dann durch den Tunnel. Auf der anderen Seite wirkt alles, obwohl es viele zerstörte und plattgewalzte Gebäude gibt, irgendwie lebendiger. Als er vor einer Jungenbande fliehen muss, erhält Joshua unerwartet Hilfe von einem Mädchen der anderen Seite. Komisch, dabei ist sie doch eigentlich böse und der Feind – oder doch nicht?

„Wann hörst du endlich auf mit diesem Blödsinn? Du weißt ganz genau, wer unsere Leute sind. Du und ich und Menschen wie wir. Unsere Freunde.“
„Aber ich habe Freunde auf der anderen Seite der Mauer. Und es gibt Menschen auf dieser Seite der Mauer, die ich hasse. Es wohnt jemand in diesem Haus, den ich hasse. Also wer sind dann meine Leute? Sag es mir.“
(S. 275)

Amarias ist eine fiktiv, genauso wie die dortige Mauer und doch weist der Autor selbst in einem Nachwort auf den Vergleich mit der Westbank im Westjordanland hin, die die Israelis von den Palästinensern trennt. Die Art und Weise, wie Sutcliffe diese Thematik aufgreift, Joshuas Sicht auf die Welt und die beiden Seiten der Mauer finde ich sehr gelungen. Der erst 13jährige Junge hat einen offenen und unvoreingenommenen Blick auf die Menschen in seinem Umfeld und beurteilt sie nach dem, was sie tun, und nicht danach, auf welcher Seite der Mauer sie leben. Der deutsche Titel für dieses Jugendbuch „Auf der richtigen Seite“ (engl. „The Wall“) finde ich gelungen provozierend. Gibt es eine richtige Seite?

Neben dieser Fragestellung geht es in dem Buch vor allem auch um Joshuas Entwicklung und die Abgrenzung von Liev, seinem Stiefvater. Immer wieder muss Joshua mit seinen Aggressionen und seinem Hass gegenüber allem, was nicht in Lievs Weltbild passt, umgehen und lernt erst langsam, sich gegen den so dominanten Stiefvater durchzusetzen. Auch Joshuas Mutter spielt in all ihrer Passivität eine große Rolle in der Geschichte.

William Sutcliffe behandelt in „Auf der richtigen Seite“ zwei sehr spannende Themen und verknüpft diese gekonnt miteinander. Joshua ist ein toller, vielleicht für sein Alter etwas zu reifer, Ich-Erzähler, der eine unheimlich starke Entwicklung durchmacht und für das einsteht, an das er glaubt. Überzeugend und unaufgeregt beschreibt der Autor das Leben eines Jugendlichen, der nicht gewillt ist, die Welt nur schwarz-weiß wahrzunehmen.

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