Anmerkung: Da ich das Buch auf Englisch gelesen habe, sind die Zitate auch auf Englisch.
Inhalt:
„It’s funny, but I always thought I could trust your blue eyes. I thought they were safe somehow. All the good guys have baby blue eyes.“ (S. 1)
Die sechzehnjährige Gemma wird auf einem Flughafen entführt. Ihr Entführer, der sie gut zu kennen scheint, ist auf den ersten Blick gar nicht so unsympathisch. Gemma hat sich vor ihrer Entführung sogar mit ihm unterhalten. Doch dann bringt er sie mitten ins Nirgendwo von Australien. In einem Brief an ihren Entführer beschreibt Gemma, wie alles aus ihrer Sicht passiert ist, was sie gefühlt und gedacht hat.
„‚I hate you‘, I screamed. ‚I fucking hate you,‘
You moved your hand away immediately, as if I’d suddenly burnt ist.
‚Maybe that’ll change,‘ you said softly.“ (S. 38)
Meine Meinung:
Bisher habe ich zu diesem Buch, bzw. zur deutschen Variante „Ich wünschte, ich könnte dich hassen“ nur positive Rezensionen gelesen. Und weil das Cover einfach auch so wunderschön ist, musste ich das Buch selber lesen. Ich kann vorweg nehmen, dass das eine gute Entscheidung war.
Dieses Buch ist anders. Nicht nur, weil es ein besonderes Thema, nämlich eine fiktionale Entführung aus der Sicht des Opfers schildert, sondern vor allem auch durch den Schreibstil. Durch die Ich-Erzählung liegt der Fokus nicht auf den Gedanken und Plänen des Entführers, sondern stellt die Emotionen von Gemma in den Mittelpunkt.
Des Weiteren ist das komplette Buch als ein langer Brief an den Entführer verfasst, was sich erstmal etwas gewöhnungsbedürftig liest, denn der Entführer wird immer mit „Du“ angesprochen. Dies bewirkt meiner Meinung nach, dass sofort klar wird, welch enge Beziehung zwischen Gemma und Ty – dem Entführer – besteht. Vielleicht aber ist die Anrede, die mich als Leser ja indirekt auch anspricht, auch der Grund, warum mir Ty nie wirklich unsympathisch war. Interessanterweise waren meine Emotionen immer gegensätzlich zu denen von Gemma. Wenn sie sich von ihm distanzierte, wünschte ich mir eine Annäherung, und umgekehrt. Ob es auch anderen Lesern so ging, weiß ich nicht.
Das Buch ist durchweg in einer sehr berührenden Sprache geschrieben. Der Autorin gelingt es, den Schauplatz Australien so faszinierend zu beschreiben, dass ich gut verstehen kann, warum Ty dort in der Einsamkeit den Rest seines Lebens verbringen will.
Trotz aller Begeisterung muss ich mich fragen, ob dieses Buch der Realität, einer realen Entführung gerecht wird, und ob es nicht vielleicht etwas zu beschönigend ist. Ich für meinen Teil hatte zwischenzeitlich große Sympathie mit dem Entführer. Und ob dies das schlussendliche Gefühl nach einer solchen Geschichte sein sollte, ist natürlich immer fraglich.