Klappentext:
Die vierzehnjährige Franka ist der »Neuzugang« im Haus Eulenruh, einem Wohnprojekt für sieben Kinder und Jugendliche. Doch irgendetwas stimmt nicht in dem kleinen Elbdorf. Wieso schweigen die Erwachsenen so beharrlich, wenn man sie auf Unland, diese düstere Ruinenlandschaft am Waldrand, anspricht?
Meine Meinung:
Bei einer Podiumsdiskussion beim Fest des Lesens erzählte die Autorin, dass sie die meiste Zeit während des Schreibens auf die Entwicklung ihrer Charaktere verwendet. Und ich muss sagen: Das merkt man auch. Die einzelnen Personen dieser Geschichte sind ausgereift, haben alle Profil und tragen dazu bei, die Basis der Handlung absolut lesenswert zu machen.
Denn anfangs schafft Antje Wagner eine fast heimelige, schöne Atmosphäre. Auch wenn das Leben von Franka in ihrem neuen Heim nicht ganz einfach ist, so merkt man doch, dass die Bewohner von Eulenruh – so verschieden sie auch sein mögen – eine Familie sind. Ich habe gerade diesen Teil der Geschichte unheimlich gerne gelesen, denn es fasziniert mich immer wieder, mitzuerleben, wie verschiedene Charaktere aufeinander treffen. Ich mag es, langsam gemeinsam mit der Hauptfigur zu erfahren, was hinter den Fassaden und ersten Eindrücken steckt.
Doch dann ändert sich die Handlung plötzlich: sie wird düsterer, dunkler und gefährlicher. Als Leser weiß man plötzlich die einzelnen Charaktere nicht mehr klar einzuordnen. Man beginnt zu zweifeln, die Zweifel wieder über den Haufen zu werfen, um dann erneut zu zweifeln. Man möchte genauso wie Franka wissen, was es denn nun mit Unland auf sich hat. Deswegen kann man leider gar nicht anders, als dieses Buch innerhalb weniger Tage zu verschlingen.
Als ich die letzte Seite der Geschichte gelesen hatte, wurde ich von Antje Wagner traurig, fassungslos und nachdenklich zurückgelassen: traurig, weil ich nicht wollte, dass das Buch schon zuende ist; fassungslos, weil ich nicht erwartet hätte, dass die Geschichte um Franka und die anderen Eulenruh-Bewohner so endet; nachdenklich, weil ich aber durch eben dieses Ende gezwungen werde, den ganzen Rest der Geschichte neu zu überdenken. Alles in allem also ein sehr gelungenes Ende.
Neben der wirklich spannenden und zum Nachdenken anregenden Handlung lebt das Buch durch noch viel mehr: Antje Wagner verfügt über einen sehr bildlichen, an manchen Stellen fast schon poetischen Schreibstil. Außerdem gab es mehrere umwerfende Zitate, die zeigen, dass „Unland“ ein wirklich intelligentes Buch ist.
„Es gibt Mädchen, die sind nicht schön, sondern sehen nur so aus.“ (S. 62)
Alles in allem bin ich sehr froh, Antje Wagner und ihr Buch „Unland“ beim Fest des Lesens für mich entdeckt zu haben. „Unland“ weiß gleichzeitig zu fesseln und den Leser gedanklich in Richtungen zu lenken, mit denen man nicht gerechnet hätte.