Inhalt:
Die junge, aufgeweckte Scout und ihr vier Jahre älterer Bruder Jem wachsen gemeinsam mit ihrem Vater in dem beschaulichen Ort Maycomb in Alabama auf. Während Scout, Jem und Dill, der in den Ferien immer zu Besuch kommt, ihre Zeit damit verbringen, einen Blick auf den sagenumwobenen Nachbarn Boo Radley werfen zu können, um den sich viele Gerüchte ranken und der so gut wie nie das Haus verlässt, beginnt zeitgleich ein Prozess gegen den farbigen Dorfbewohner Tom Robinson, der von Scouts und Jems Vater vertreten wird. Im Alabama der 30er Jahre herrscht noch viel Hass auf Farbige und das bekommen auch bald Scout und Jem zu spüren.
Meine Meinung:
Harper Lee hat 1961 für dieses Buch den Pulitzer-Preis bekommen. Zu Recht kann ich nur sagen. Ich habe selten ein so atmosphärisch dichtes, bewegendes Buch gelesen.
Die Autorin wirft den Leser unmittelbar in die Geschichte. Erzählerin ist die kleine Scout, die zu Anfang des Buches sechs Jahre alt ist. Lee benutzt das junge Alter und die Naivität von Scout sehr gekonnt als Stilmittel, um den Leser auf Dinge hinzuweisen, die er sonst vielleicht als selbstverständlich hingenommen hätte.
Wobei „Naivität“ vielleicht auch der falsche Ausdruck ist. Scout ist im Gegensatz zu z.B. Bruno aus „Der Junge im gestreiften Pyjama“ für ihr Alter ziemlich clever, manchmal sogar etwas zu naseweis und altklug. Ihre Art hat mich oft zum Schmunzeln gebracht. Durch ihre Erzählung und die von ihr präsentierten kleinen Anekdoten wird die Geschichte ein ums andere Mal aufgelockert und bekommt die notwendige Leichtigkeit, die den Leser durch die Geschichte trägt.
Auch die anderen Charaktere des Buches sind unheimlich facettenreich und glaubwürdig geschildert. Für mich war besonders Atticus, der Vater von Scout und Jem, der Held der Geschichte: ein Mann, voller Moral, Werte, Liebe und Verständnis für seine Mitmenschen, der auch bereit ist, dies öffentlich zu vertreten.
Doch ist dieses Buch nicht nur fröhlich, leicht und zum Schmunzeln. Viele Ereignisse haben mich mehr als einmal schlucken lassen und mir die Tränen in die Augen getrieben. Die Autorin schafft es meiner Meinung nach sehr gut mit wenig Effekthascherei und Drama größtmögliche Gefühle zu erzeugen. Das ernste Thema „Rassismus“ wird gekonnt mit der Geschichte verflochten.
Mich hat „Wer die Nachtigall stört“ rundum überzeugt. Eine Geschichte, die gleichzeitig glücklich und nachdenklich macht, die mir einen Teil der amerikanischen Geschichte auf geschickte und unterhaltsame Weise vor Augen geführt hat. Ein Klassiker, der mit gutem Grund so genannt werden kann.